Jenni Monet hat sich als eine der wenigen indigenen JournalistInnen in der US-Medienbranche durchgesetzt. Julia Rainer konnte sie in New York kennenlernen.
Jenni Monet wollte immer schon Journalistin werden, seitdem sie als junges Mädchen ihre erste Kamera bekam. Zu dieser Zeit eiferte sie Annie Leibovitz und ihrer Straßenfotografie nach und entwickelte ihre erste Begeisterung für den Fotojournalismus.
Monet, die in einem Reservat des Laguna-Volkes in New Mexico aufwuchs, begann vor 20 Jahren als Fernsehreporterin zu arbeiten und entdeckte schließlich ihre Liebe fürs Schreiben. Sie ist eine der wenigen „women of color“, die sich in dieser Branche in den USA Anerkennung verschaffen konnten.
Laut einem Report des Women’s Media Center 2018 sind nur rund acht Prozent der Angestellten in US-amerikanischen Print-Redaktionen „women of color“, 13 Prozent der MitarbeiterInnen des Lokalfernsehens und 6 Prozent des Lokalradios. „Die größte Schwierigkeit in diesem Beruf ist die mangelnde Diversität in den USA, unsere Redaktionen sind sehr weiß und männerdominiert“, so Monet gegenüber dem Südwind-Magazin.
Ohne Rücksicht auf Verluste. Monet geht als Reporterin mitunter dorthin, wo es wehtut. Als 2016 die Proteste rund um den Bau der Dakota Pipeline aufflammten, die nahe dem Standing Rock Reservat der Sioux in Nord-Dakota laufen sollte, war Monet sofort zur Stelle.
Tausende Menschen aus den USA und Kanada schlossen sich zu einer Umweltbewegung zusammen. Sie leisteten Widerstand, da sie kritisierten, die Bauarbeiten würden Land der indigenen Bevölkerung zerstören und zu Trinkwasserverschmutzungen im Gebiet führen.
Unter massive Kritik gerieten dabei die brutalen Polizei- und Militäreinsätze gegen die indigenen Protestierenden.
Auch Monet war als Journalistin von physischen und verbalen Angriffen betroffen. Dabei erlebte sie einige der gewalttätigsten Momente in ihrem Leben: „Ich wurde als Beobachterin – nicht Aktivistin – die diesen Moment dokumentierte, von der Polizei niedergerannt, auf mich wurde mit Tränengas geschossen, außerdem war ich in der Nähe von Gummigeschoßen, die mich jederzeit hätten treffen können.“
Als die Massenmedien abzogen, blieb sie als einige der wenigen externen ReporterInnen vor Ort. Ihre Berichterstattung über Standing Rock wurde mehrfach ausgezeichnet.
Verhaftung. Im Februar 2017 wurde Monet während der Recherche für eine Standing Rock-Reportage verhaftet, obwohl sie ihren Presseausweis vorzeigte. Am Anfang dachte sie, es handle sich um ein Missverständnis, da sie den Polizeikräften von Pressekonferenzen bekannt gewesen war. Dennoch wurde sie mit 19 anderen indigenen Aktivistinnen eingesperrt. „Insgesamt wurde ich 30 Stunden festgehalten. Fünf davon verbrachte ich in einem hundezwingerähnlichen Gebilde in eisiger Kälte.“ Ihr Recht als Gefangene auf einen Telefonanruf wurde wiederholt verweigert.
Als Monet den Gefängnisdirektor schließlich darauf aufmerksam machte, dass sie als Journalistin über die Ungerechtigkeiten berichten würde, wurde dieser nur noch aggressiver und drohte sogar damit, die Anhaltung noch zu verlängern. Monet blieb hartnäckig, durfte das Telefonat nach einigen Stunden führen und kam schließlich als Erste frei.
Jetzt erst recht. Im Juni 2018 muss sie sich vor Gericht verantworten. Ihr werden „criminal trespassing“ (widerrechtliches Betreten) sowie „engaging in a riot“ (Beteiligung an Unruhen oder Aufstand) vorgeworfen. Bei einer Verurteilung könnte ihr eine Geldstrafe von 1.000 US-Dollar oder mehrmonatige Haft drohen, im schlimmsten Fall sogar beides.
Monet will jedoch ihre Meinungs- und Pressefreiheit verteidigen und hat nun noch mehr Ansporn, als Journalistin weiterzumachen. „Ich habe Dinge erlebt, die mir verwehrt geblieben wären, wenn ich nicht im Gefängnis gewesen wäre, eingesperrt mit mehreren indigenen Dakota-Frauen, die dieser Art von Unterdrückung aufgrund rassistischer Diskriminierung seit Generationen ausgesetzt sind. Jetzt muss ich die Wahrheit erzählen.“
Julia Rainer ist freie Journalistin und lebt in Wien. Sie ist zudem Sprecherin des Frauenkomitees der Bundesjugendvertretung und war Delegierte auf der UN-Frauenstatuskonferenz (CSW) in New York, wo sie Jenni Monet traf.
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